Dank Twitter kenne ich mittlerweile einige deutsche Rollenspieler, was ich ziemlich klasse finde. Da draußen gibt es sehr nette Leute, und es gibt mir Möglichkeiten, in neue, frische Systeme hineinzuschnuppern. Nach Trail of Cthulhu konnte ich nun ein weiteres System in einem One-Shot antesten, und zwar 7te See. Die erste Version dieses Rollenspiels habe ich nie kennengelernt, hatte aber wohl mitbekommen, dass die 2nd Edition der erfolgreichste Rollenspiel-Kickstarter aller Zeiten war. Das Grundregelwerk ist nun auf Deutsch bei Pegasus erschienen.
Piraten, Musketiere und Hofintrigen
Das Setting ist sicherlich das größte Auszeichnungsmerkmal von 7te See, und möchte abenteuerliche Geschichten erzählen. 7te See spielt in Théah, einem Quasi-Europa, welches verschiedene Perioden und Völker unserer europäischen Geschichte vereint. Es ist nicht schwer, das entsprechende europäische Äquivalent direkt zu erkennen. In 7te See geht es um Piraten und Intrigen, Helden, die für ihre Nationen tätig werden, und wie z.B. die Musketiere ihre Herrscher beschützen. Inspirationen sind hier Fluch der Karibik, Die Drei Musketiere, Der Mann mit der Eisernen Maske oder Die Braut des Prinzen.
Gespielt habe ich mit, wie bereits auch Trail of Cthulhu, Sal von w6vsw12 und @nurdertim. Sal hatte uns ein Abenteuer vorbereitet, welches er selbst geschrieben hat. Vervollständigt wurden wir durch Lena von Xeledons Spiegel, mit der ich vorher noch nicht gespielt hatte, die aber genau wie ich ein großer Fan des Campaign Podcasts ist.
Im Auftrag des Marquis
Unsere Charaktere waren:
- Rémi Chevalier – gespielt von Tim, ein Musketier aus Montaigne. Vive l’Empereur!
- Tamara Ilyanova – gespielt von Lena, eine zauberkundige Spionin aus Ussura
- Vivienne d’Estival – meinereiner, eine Schauspielerin/Spionin im Dienste des Marquis Duc de Marchinaud.
Der Botschafter aus Avalon wurde durch den L’Empereur in Montaigne erwartet und sollte vom Marquis in Empfang genommen werden. Doch anstelle des erwarteten Botschafters erschien eine Unbekannte, die den Botschafter kurzfristig ersetzen sollte. Da der Marquis dem Braten nicht traute, arrangierte er, dass unsere Helden nach Avalon aufbrechen, um in der Hauptstadt Carleon herauszufinden, warum der Botschafter Quinn Leord nicht nach Montaigne gekommen ist.
In Carleon angekommen, verwickelte sich Rémi direkt in einen Tavernenkampf, in dem er mit einem heldenhaften Sprung gleich 5 Wachen auf einen Schlag ausschalten konnte. Ganz wie man es von einem Musketier erwartet. Während des Kampfes versuchte jemand, der mit dem Verschwinden des Botschafters zu tun hatte, die Flucht aus dem Gasthaus, aber Tamara konnte ihn mit gezielten Messerwürfen aufhalten.
Nachdem der Informant fachmännisch bedroht und überzeugt wurde, verriet er den Reisenden aus Montaigne, dass ein Kaufmann und Freund von Leord ihm den Auftrag gegeben hätte, nach Spionen aus Montaigne Ausschau zu halten, damit diese beseitigt werden können. Nun zum Schweigen verpflichtet, nahm die Gruppe ihm seine Kutsche und eine Einladung auf ein Fest des Kaufmanns ab.
Es stellte sich heraus, dass der Kaufmann den Botschafter in der Hand hatte, da die Tochter des Botschafters als Geisel gehalten wurde. Dank der Helden von Montaigne konnten sowohl der Botschafter als auch seine Tochter befreit werden, in einer dramatischen Flucht. Die Königin von Avalon wurde über die Machenschaften des Kaufmanns informiert.
Ein dramatisches System
7te See legt Wert darauf, dass die Charaktere sich von Anfang an wie Helden fühlen. Man ist nicht irgendein Level 1 Abenteurer, sondern ein Held. Bei Würfelproben hat man deshalb sehr viele Würfel zur Verfügung, die beeindruckende Erfolge ermöglichen. Das Würfelsystem war für mich etwas gewöhnungsbedürftig. Man nimmt für Proben eins der 5 Hauptattribute Entschlossenheit, Gewandheit, Muskeln, Stil oder Verstand, und die dazugehörige Fertigkeiten. Die Punkte in beiden Werten addiert man und würfelt dementsprechend pro Punkt einen W10. Dazu fördert 7te See noch, dass man immer wieder anders vorgeht, und nicht immer das Gleiche in einer Szene tut. Deshalb erhält man beim ersten Einsatz einer Aktion einen Bonuswürfel. Nehmen wir also an, dass Vivienne den Informanten überzeugen wollte, dass er ihr alles erzählt. Da sie Entschlossenheit 3 und Überzeugen 3 hat, und dies in der Szene das erste Mal versucht, erhalte ich für den Wurf 7W10.
Aus den Ergebnissen versucht man, den Wert 10 so häufig wie möglich zusammenzusetzen. Jede 10 ist eine sogenannte Steigerung, eine Art Erfolg, die als Währung für dramatische Ergebnisse eingesetzt wird. Wir haben beim Spiel das Tool Rollbutler verwendet, der uns die 10er schon zusammengesetzt hat. Da man schnell viele Würfel zusammenbekommt, kommt man sich wirklich schnell sehr heldenhaft und besonders vor. Ich glaube, Tim hatte in einem Kampf bei einer Probe 11 Würfel, durch Einsatz eines Heldenpunktes.
Heldenpunkte für große Momente
Jeder Charakter in 7te See hat die Möglichkeit, Heldenpunkte zu generieren, die man einsetzen kann. So hatte mein Charakter z.B. die Möglichkeit, Heldenpunkte einzusetzen, um die Aufmerksamkeit eines Charakters an sie zu binden oder jemanden so zu betören, dass er Vivienne einen Gegenstand überlassen würde. Heldenpunkte erhält man dafür, dass man seinen Hintergrund ausspielt, oder die Untugend, die der Charakter hat, tatsächlich auslebt. In Viviennes Fall hätte ich z.B. einen Heldenpunkt erhalten, wenn sie sich von einem alten Groll oder Zerwürfnis leiten lassen würde und in Schwierigkeiten kommt.
Da wir ja nur gute vier Stunden tatsächlich gespielt haben, wurden die Heldenpunkt nicht so ausgereizt. Als Spieler erhält man Heldenpunkte z.B. auch, wenn der Spielleiter einem überschüssige Würfelsteigerungen quasi mit Punkten abkauft, um einem später Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Das erinnert mich sehr sehr stark an GM Intrusions im Cypher System, die ähnlich funktionieren, wo man als Spielleiter aber einen XP anbietet, wenn der Eingriff erfolgt.
Zum Magiesystem sind wir gar nicht gekommen, hatten wir irgendwie alle verdrängt, und dann war die Zeit auch etwas knapp.
Fazit
Der One Shot hat Appetit nach mehr gemacht. Ich denke, dass 7te See eher für Kampagnen als One Shots geeignet ist, und könnte mir sehr gut eine mittellange High Adventure Kampagne blendend vorstellen. Das System war sehr einfach zu verstehen, und bietet sicher noch mehr Möglichkeiten, als wir in der kurzen Zeit antesten konnten. Der Schwerpunkt ist hier sicherlich auf Action und Drama, und das konnte man in dem One Shot schon sehr gut sehen. Da der Hardcover-Band von Pegasus nur 20 Euro kostet (wtf!!), wird der sicherlich mal in meine Sammlung wandern.
Vielen Dank nochmal an Sal fürs Leiten, und an meine coolen Mitspieler Tim und Lena für die nette Runde.
Die nächsten One Shots folgen in Kürze, denn ich habe bereits Einladungen zu Call of Cthulhu und Beyond the Wall. Freu!
Danke für den schönen Spielbericht 🙂 . Ich fands auch sehr spaßig (auch wenn ich unglaublich müde war und das Gefühl hatte, ich hätte noch schlauere Dinge tun können, wenn ich nicht so mit dem Einschlafen gekämpft hätte…). Das System würde ich wirklich gerne nochmal für etwas länger ausprobieren, die Mechaniken scheinen mir eigentlich ganz cool zu sein – gerade der Unterschied zwischen Action- und Dramaszenen und der Heldenpunktfluss mit den übrig gebliebenen Würfeln erscheint mir austestenswert zu sein.
Im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich nicht einfach zum Auf-den-Balkon-kommen meine Tierverwandlungsfähigkeit eingesetzt habe – aber ich horte so Dinge wie Schicksalspunkte einfach immer, bis der Abend vorbei ist -_- .
Vielleicht klappts ja irgendwann mal mit nem weiteren Termin für 7te See oder Star Wars oder was anderes 🙂
Für das Balkonding muss ich mich explizit entschuldigen, weil ich tatsächlich die Verwandlung in der Szene im Blick hatte. Ich weiß nicht mehr, warum ich Dich nicht darauf hingewiesen habe, aber irgendwie habe ich es mir letztlich verkniffen. Das ist im Nachgang natürlich sehr schade, nicht gezaubert zu haben.